Martin's

Freitag, 23. April 2010

Unterwegs

Ich bin unterwegs - und dies an einem Ort, an dem es scheint, das Unterwegssein sei schon beinahe alles, was sich überhaupt bewegt. Und in einem solchen Umfeld fällt auch solches sofort auf:

"Frohe Ostern" wünscht mir eine Partei aus ihrem Schaukasten in der Bahnhofunterführung der Schweizer Kleinstadt. Wer eine zukunftweisende Politik zu betreiben trachtet, riskiert mitunter, nicht auf der Höhe der Zeit zu sein.

Donnerstag, 15. April 2010

Wie ein Sack Härdöpfel. . .

Wie einen Sack Härdöpfel (Kartoffeln, für meine deutschen Freunde) hat man die «Thurgauer Zeitung» also verschachert, beziehungsweise die Überreste des einst stolzen, eigenständigen Frauenfelder Verlagshauses Huber & Co. Und pikanterweise hat die Zürcher Tamedia («Tages Anzeiger») das «Provinzblättli» dem damaligen Zürcher Erzrivalen, der NZZ Gruppe, überlassen, nachdem erstere Zürcher zweitere Zürcher im Endspurt um die Übernahme hinter sich gelassen hatten.

Begriffen hat eigentlich schon beim Verkauf an die Tamedia niemand wirklich, was die Aufteilung des Kantons (der Oberthurgau wurde fortan vom St. Galler Tagblatt, also letztlich vom Hause NZZ bearbeitet, der Rest von der Thurgauer Zeitung und somit der Tamedia, und die Lokalnachrichten hat man untereinander ausgetauscht) mit publizistischen Überlegungen zu tun haben sollte.

Nun wird man den geschätzten Leserinnen und Lesern wiederum einreden wollen, dies alles sei gut für sie, was hier an Veränderungen und Konzentration geschehe. Und am Schluss wird - sonst wird man den Sack Härdöpfel eines Tages weiterreichen oder ihn den Tieren verfüttern, die noch Gefallen finden könnten an den verschrumpelten Dingern - auch unter den neuen Besitzern erzählen, ob's rentiert.

Daneben gibt es auch eine politische Dimension. Wer noch bei der Übernahme des letzten grösseren Zeitungstitels im Thurgau durch die Tamedia geglaubt hatte, es ginge irgendwie um die publizistische Stimme des Thurgaus, der muss jetzt spätestens erkennen, dass es darum eigentlich gar nie ging. Der Kanton wurde mit jenem «Deal» aufgeteilt in Gebiete, die von St. Gallen und andere, die von Winterthur/Zürich aus publizistisch (mit)gesteuert wurden.

»Stärneföifi» (sorry, auch nach bald vierzig Jahren Thurgau habe ich auch harmlosere Zürcher Kraftausdrücke «noch drauf»; für weitere Leser: ein sanftes «Verdammt nochmal»), möchte man eigentlich schreien: Will man im Thurgau nun bloss noch dem kommenden (?) «Kanton Ostschweiz» entgegendämmern oder bis zu diesem hoffentlich sehr fernen Tag seine Eigenständigkeit nicht nur mit supergeilen Plakatserien in der Restschweiz betonen?

«Gibt es auch heute noch Gefühle, vernachlässigt, nicht ganz ernst genommen zu werden? Der Thurgau und mit ihm der Aargau, St. Gallen, das Tessin, Graubünden oder die Waadt sind doch längst ganz normale Kantone, mit ihren Besonderheiten natürlich, wie alle anderen sie auch haben, aber eben doch souveräne Kantone. Die ehemaligen Herrenkantone wollen ja auch nicht gern an diese Zeiten erinnert werden, und so sollte man meinen, niemand ausser Historikern wisse heute noch, dass einige Kantone in Urzeiten mal Untertanengebiete waren.» Dies hat der Thurgauer Regierungsrat Bernhard Koch (2003) einmal verlauten lassen. Von publizistischer Eigenständigkeit war im damaligen Hohelied auf die Souveränität des Thurgaus eigenartigerweise nie die Rede.

Jetzt wäre es an der Zeit, die ehemals als «alte Tante» belächelte «Thurgauer Zeitung» durch ein Medium zu ersetzen, das den heutigen Kommunikationsgewohnheiten entspricht - aber thurgauisch eigenständig ist.

Dienstag, 6. April 2010

Auf dem Schwabenweg

Ein kleines Stück bin ich nur auf ihm gegangen. Nicht von Konstanz aus. Und nicht bis nach Einsiedeln. Irgendwo im Wald oberhalb von Kreuzlingen bin ich auf ihn eingeschwenkt. Und kurz vor Schwaderloh habe ich ihn verlassen, um über die Hauptstrasse und über die Autobahn in den nächsten Wald zu gelangen.

Unterwegs habe ich mir überlegt, wer vor mir schon alles dieses Stück hinaufgeschritten ist. Nicht jene, die ihn gestern gegangen sind. Vorgestern. Im letzten Herbst. Sondern jene, die ihn vor langer Zeit tatsächlich als Pilgerweg benutzt haben. Nicht, dass ich plötzlich einen historischen Roman schreiben möchte. Mir würde bestimmt auf Seite 361, exakt in der Seitenmitte, ein Reissverschluss unterlaufen oder ein Flugzeug sich in den Absatz einschleichen, das wirkungsvoll über die Köpfe donnert. Und aus wäre es mit meiner Karriere als ernsthafter Geschichte-Rechercheur. Nein, ich bleibe bei meinen Geschichten.

Aber gleichwohl: Auf Pfaden, die nicht nur touristenwirksam als "historisch" beworben werden, sondern die es tatsächlich sind, wird man, werde ich stets ein bisschen ehrfürchtig. Ich spüre, wie sich mein Schritt verlangsamt, und wie meine Gedanken wandern, aber nicht hektisch herumeilen, sondern im Inneren zu suchen beginnen. Und fast möchte ich gar behaupten, dass ich gebetet hätte. Das habe ich nicht wirklich getan. Aber gebeten um etwas, ganz leise, nur für mich.Vielleicht darum, dass sich irgendwann jenes Projekt realisieren liesse, worin diese Schritte, täte man sie in umgekehrter Richtung, eine kleine Facette darstellen könnten.

Doch dann komme ich oben, fast ganz oben am Hang an. Der Weg verläuft nun fast parallel zur alten Kantonsstrasse. Es stellt sich Sinnbildliches ein: Früher ist man diesen schmalen Pfad hochgegangen, dann auf der Strasse nebenan gefahren. Und heute führt noch ein Stück weiter im Westen die Autobahn durch.

Und schon ist der Wald zu Ende. Und ich kehre zurück in die heutige Zeit.