Martin's

Montag, 25. Januar 2010

Offensichtlich taugt das Buch nichts

Endlich: Die Frau zieht ein Buch hervor. Ein dickes Buch. Bestimmt wird sie gleich darin zu lesen beginnen. Vorfreude kommt auf, reine, pure Freude: Endlich Ruhe, endlich wird sie ruhig sein!

Denkste!

«Lese ich ein Buch, muss es mich packen. Geschieht in den ersten fünfzig Seiten nichts, höre ich auf damit», erklärt sie mit ernstem Gesicht ihrem Gegenüber.

Pause.

«Ich bin bei Seite 44.»

Offenbar taugt das Buch wirklich nichts. Kaum drei Zeilen weiter geht es wieder los. Das Mundwerk redet und redet und redet. Ununterbrochen.

Zwischendurch die Frage an mich: «Liest Du auch?»

Die Antwort interessiert keine der beiden, merke ich gleich.

Schliesslich landet man beim nächsten möglichen Urlaubsaufenthalt. «Mauritius», sagt jene mit dem dicken Wälzer auf den Knien mit verklärtem Blick, «derzeit träume ich von Mauritius.»

«Seychellen», doppelt ihr Gegenüber nach, «die Seychellen sollen nicht mehr so teuer sein.»

«Nein, nein», antwortet die Nichtleserin, «da gibt es bloss einen einzigen Golfplatz auf all den Inseln, aber Mauritius - da hat's wunderbare Plätze.»

Die nächste Station naht. Das Buch wird zusammengeklappt.

In die Tasche gesteckt.

«Du warst so ruhig», spricht mich das Gegenüber vor dem Aussteigen noch einmal an, «nicht gut drauf heute?» Und fährt fort, bevor ich antworten kann: «Ja ja, Montag halt.»